Stellungnahme des SPD-Fraktionsvorsitzenden Wolfgang Teschlade zum Haushalt 2018

Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bernsmann,
sehr geehrte Damen und Herren der Verwaltung,
sehr geehrte Gäste,
sehr geehrte Frau Hecker,
liebe Ratskolleginnen und -kollegen,

„Es war ein gutes Jahr 2017. Ein ausgeglichener Haushalt, der bauliche Fortschritt in der Innenstadt, die Musikschule, die Bekämpfung des Jahrhunderthochwassers und die steigenden Einnahmen durch die örtlich angesiedelten Unternehmen, die Rhede so erfolgreich machen“

so zumindest wird auf der Internetseite des CDU-Stadtverbandes aus einer Rede zitiert, die unser Bürgermeister auf dem Neujahrsempfang der CDU am 21.01.2018 gehalten hat. Nun mag es ja sein, dass man kurz nach Weihnachten in einer Feierstunde das eigene Klientel nicht gerne mit Problemen konfrontieren möchte, aber von Ihrer Rede zur Einbringung des Haushaltsentwurfs in der letzten Ratssitzung hätten wir schon erwartet, dass die Probleme nicht nur angerissen und klein geredet, sondern in aller Deutlichkeit angesprochen und auch –  zumindest ansatzweise –  mit  Lösungsoptionen und Vorschlägen versehen werden.

Verwundert die Augen gerieben haben wir uns dann auch vor einigen Wochen über die öffentliche Äußerung der FDP, die plötzlich in unserer Stadt nur die Sonne strahlen sieht und keine Ideen mehr hat, wo den Bürgern der Schuh drückt und wo politisch etwas bewegt werden könnte.
Nein, liebe Anwesenden. Eine solch kuschelige Wohlfühlatmosphäre kommt bei der SPD weder rückblickend noch vorausschauend betrachtet beim Anblick der Haushaltsdaten und der vielschichtigen Probleme unserer Stadt nicht auf. Im Gegenteil. Wir meinen, in einer Haushaltsdebatte müssen auch Ursache und Wirkung der einen positiven Seite der Medaille genannt werden, vor allem aber dürfen wir den Bürgerinnen und Bürgern nicht die Kehrseite der Medaille vorenthalten. Und welche konkreten Ziele verfolgen Sie als Bürgermeister in den nächsten Jahren, Herr Bernsmann?  Was ist Ihnen wichtig, wofür setzen Sie sich persönlich ein? Von alledem haben wir nichts bzw. viel zu wenig gehört.
Ja, die Ertragssituation hat sich im Jahre 2017 deutlich verbessert und wird auch im neuen Haushaltsjahr und hoffentlich darüber hinaus erfreulich gut sein. Aber ist das der Verdienst des Bürgermeisters? Wie alle Kommunen profitiert doch Rhede zunächst ganz erheblich von der hervorragenden allgemeinen Wirtschaftslage in Deutschland und den daraus resultierenden sprudelnden Steuereinnahmen auf Bundes- und Landesebene. So hat sich zum Beispiel unser Anteil an der Einkommenssteuer von 8,1 Millionen im Jahre 2016 auf voraussichtlich 9,3 Millionen in Haushaltsjahr 2018, also um weit über 1 Millionen Euro erhöht. Unser Anteil an der Umsatzsteuer wuchs in diesem Zeitraum um ca. 600.000,- Euro und auch Schlüsselzuweisungen konnten wir 2018 nicht deshalb erwarten, weil in Düsseldorf die CDU und FDP regieren, sondern weil das aufgrund des komplizierten Berechnungssystems bereits im letzten Jahr so vorhergesehen wurde.
Hingewiesen haben Sie, Herr Bernsmann, in Ihrer Haushaltsrede auf die erfreuliche Entwicklung der Gewerbesteuereinnahmen. Keine Frage, auch diese, uns direkt zufließenden Steuern, sind deutlich höher ausgefallen als in den Vorjahren und haben gleichzeitig die ursprünglichen Planansätze übertroffen.  Und dass auch die Rheder Unternehmen im Rahmen der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung so erfolgreich sind, ist erfreulich und anerkennenswert.  Aber nicht unerwähnt lassen möchte ich an dieser Stelle auch, dass es in den vergangenen Jahren vor allem die SPD immer wieder war, die sich für eine Anpassung des Gewerbesteuer-Hebesatzes eingesetzt hat, während sich CDU, FDP und auch die Verwaltung meistens dagegengestemmt haben. Und dabei liegt der Gewerbesteuersatz immer noch unterhalb des durchschnittlichen Hebesatzes des wirtschaftsfreundlichen Münsterlandes. Dass sich der Bürgermeister in diesem Zusammenhang ausdrücklich bei den Unternehmen für die üppigen Gewerbesteuereinnahmen bedankt, ist in Ordnung. Hierbei ist allerdings zu berücksichtigen, dass die Unternehmen die Steuer von ihren,  in diesen wirtschaftlich guten Zeiten erzielten hohen Gewinnen zu entrichten haben.
Nicht in Ordnung finden wir dagegen, Herr Bernsmann, dass Sie in diesem Zusammenhang mit keinem Wort die Bürgerinnen und Bürger dieser Stadt erwähnen, die treu und brav ihre Grundsteuer entrichten, oft nicht von ihren Überschüssen, sondern unter Umständen von einem geringen Lebenseinkommen. Dabei hat Rhede, knapp hinter Bocholt den zweithöchsten Grundsteuer-Hebesatz im Kreis Borken und der Kämmerer hat in der Vergangenheit wiederholt betont, wie wichtig gerade diese am sichersten kalkulierbare Einnahmequelle für unsere Stadt ist. Unser Dank gilt deshalb eben auch allen Bürgerinnen und Bürgern, die mit der Grundsteuer einen stabilen Beitrag zum städtischen Haushalt beitragen.
Aufgrund der vor einem Jahr noch nicht zu erwartenden positiven Ertragsentwicklung erreichen wir 2018 voraussichtlich einen fiktiven Haushaltsausgleich. Auch für die nächsten Jahre ist mit einem fiktiven bzw. sogar originär ausgeglichenen Haushalt zu rechnen, immer unter der Voraussetzung, dass die gute konjunkturelle Entwicklung anhält. Da ist es naheliegend, über eine Entlastung der Bürgerinnen und Bürger durch Steuersenkungen nachzudenken. Die SPD-Fraktion ist zu dem Ergebnis gekommen, dass verantwortliche Politik hierfür keinen Spielraum bietet, weil der fiktive Haushaltsausgleich die Inanspruchnahme der Ausgleichsrücklage erfordert und damit erneut zu einer Verminderung des Eigenkapitals der Stadt Rhede führt. Bedeutsamer aber ist noch, dass Rhede einen beträchtlichen Sanierungsstau vor sich herschiebt, der in den nächsten Jahren noch ganz enorme Investitionen erfordert, für die wir hoffentlich entsprechende Überschüsse erwirtschaften werden, um nicht noch mehr Schulden machen zu müssen. Offensichtlich sehen das die übrigen Fraktionen genauso.
In seiner Haushaltsrede spricht der Bürgermeister ja die Schulden der Stadt Rhede an, die sich vor allem aufgrund der bereits geplanten Investitionen in den nächsten 3 Jahren auf voraussichtlich 30 Mio. Euro anhäufen werden. Aber selbst diesen beträchtlichen Schuldenstand könnte man noch fast zur guten Seite der Medaille rechnen, denn die Kehrseite besagt, dass sich der Gesamtschuldenstand des Konzerns der Stadt Rhede, also unter Berücksichtigung der städtischen Tochter Stadtwerke und der sonstigen Eigenbetriebe bereits heute auf etwa 90 Mio. Euro. beläuft. Auch dass Herr Bernsmann kann man nicht verschweigen und muss ehrlicherweise Ihrer Euphorie entgegengehalten werden.

Es lässt sich denken, dass wir uns gerade vor diesem Hintergrund mit der von der Verwaltung geforderten Erhöhung der Personalausgaben infolge der Schaffung von insgesamt 3,8 neuen Stellen äußerst schwergetan haben.  Nach ausführlichen Erläuterungen durch die Verwaltung und schwierigen internen Diskussionen erscheint uns die vorgeschlagene Stellenerweiterung aber plausibel, eine Ablehnung des Stellenzuwachses nicht verantwortbar und eine von uns zunächst in Erwägung gezogene, nur 50-prozentige Anerkennung der Stellen willkürlich und daher ebenfalls nicht begründbar. Wir werden deshalb dem Personalvorschlag der Verwaltung zustimmen.
Allerdings, Herr Bernsmann, erwarten wir auch künftig erhebliche Anstrengungen und alle Ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu nutzen, um weitere Stellenausweitungen zu verhindern. Wir finden es einfach völlig unzureichend, bei der Haushaltseinbringung lapidar darauf hinzuweisen, dass „wir“ nicht übermütig werden dürfen und an unserem Spar- und Konsolidierungskurs weiter festhalten müssen. Wo bleiben da Ihre Ideen oder Vorschläge?  Ohne eigene Vorschläge müssen wir den Eindruck gewinnen, als wollten Sie mit „wir“ nur die Politik in die Pflicht nehmen.
Unser Antrag zu weiterer interkommunaler Zusammenarbeit ist so ein Sparvorschlag, der von Ihnen aber mit zum Teil fadenscheinigen Argumenten als nicht oder nur schwer umsetzbar zurückgewiesen wurde. Aber was schwierig ist, ist noch lange nicht unmöglich und wenn Sie bessere oder wirkungsvollere Sparvorschläge einbringen, wird sich die Politik dem sicher nicht in den Weg stellen.
Mit Blick auf die CDU/FDP Fraktion müssen wir allerdings auch feststellen, dass sich eure Fraktionen ja seit dem Rückzug vom grünen Bürgermeister völlig vom Konsolidierungs- und Sparkurs losgelöst haben. Nur noch, wenn andere Fraktionen die Notwendigkeit neuer Aufgaben oder Leistungen sehen und hierfür entsprechende Mehrausgaben vorschlagen, wie zum Beispiel für die Unterstützung von Ehrenamtlichen oder die Herausforderungen der Klimaveränderungen, kommen die Schwarz-Gelben aus der Deckung, um sich als Sparkommissare aufzuspielen.

Ein besonderes Kapitel stellt die Sanierung der Gesamtschule dar. Nein, Herr Bernsmann, dieses – ich sag mal „blöde“ öffentliche Vergaberecht, dass uns nun so zu schaffen macht, haben Sie und haben wir nicht zu verantworten. Wahrscheinlich wäre uns manches Unheil erspart geblieben, wenn es uns rechtlich möglich gewesen wäre, auf heimische oder bekannte Unternehmen zurückgreifen zu können.  Nun müssen wir uns mit vielen Verzögerungen herum ärgern, wobei die wirklich Leidtragenden ja vor allem die Schüler, die Lehrer und letztlich auch die Eltern sind. Es ist gut, dass Sie sich nun auch persönlich mit großem Engagement um diese, ich denke, derzeit wichtigste Baustelle in Rhede kümmern. Dass dieser persönliche Einsatz nach unserer Auffassung reichlich spät kam, müssen wir allerdings auch an dieser Stelle kritisch anmerken.
Ich erzähle Ihnen und euch nichts Neues, wenn ich feststelle, dass die Gesa vor allem für unsere Kinder und Jugendlichen, aber auch für den Wirtschaftsstandort Rhede und insgesamt für das Ansehen unserer Stadt von enormer Bedeutung ist.
Lärm, Schmutz und Provisorien sind bei einer so umfänglichen Sanierungs- und Erweiterungsmaßnahme nicht weg zu diskutieren. Sanierungsmaßnahmen finden aber gegenwärtig und künftig auch an vielen anderen Schulen statt.
Deshalb müssen wir mit aller Deutlichkeit klarmachen, dass durch den großen Einsatz der Lehrerschaft und der in der Verwaltung dafür zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nicht immer ein optimaler, aber auf jeden Fall ein ordentlicher und sachgerechter Unterricht gewährleistet ist. Diese Botschaft mit großer Überzeugung und Leidenschaft in die Rheder Bevölkerung zu tragen, ist nach unserer Auffassung auch die Aufgabe eines Bürgermeisters. Bei allem Respekt vor der Arbeit des Musikschulvereins, Herr Bernsmann, aber die Gesa hat da aus unserer Sicht einen deutlich höheren Stellenwert. Nur leider hört man das bei Ihnen nicht heraus, wenn Sie stattdessen lieber von der positiven Entwicklung des Musikschulvereins berichten. Im Übrigen ist die gute Entwicklung das eine, aber Ihnen ist doch hoffentlich bewusst, dass auch die neue Musikschule den Haushalt der Stadt mit viel Geld belastet, obwohl sich seinerzeit die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger in dem Volksentscheid gegen eine Musikschule ausgesprochen hat.

Beschäftigt hat uns auch ein Ärgernis ganz anderer Art. In dem Haushaltsentwurf findet sich unter der Rubrik „Sonstige Transferleistungen“ eine Aufwandsposition mit der Bezeichnung „Investitionszuweisung für Krankenhäuser“ . Solche Zahlungsverpflichtungen der Kommunen an das Land für die Krankenhäuser hat es auch in der Vergangenheit gegeben und werden wegen der eigentlichen Zuständigkeit des Landes nicht nur von den Kommunalverbänden immer wieder kritisiert. Jetzt hat die neue schwarz-gelbe Landesregierung zur Überraschung der NRW-Kommunen, wie der Kämmerer in seinem Vorbericht schreibt, diese Zahlungsverpflichtung mal eben um ca. 40 Prozent erhöht. 100 Mio. Euro Mehrbelastung für die Kommunen im Lande durch eine Landesregierung, die im Landtagswahlkampf den Kommunen mehr Geld versprochen hatte.  Dies bedeutet für Rhede ab 2018 einen jährlichen Mehraufwand von 130.000 Euro. Da hat uns die neue CDU/FDP Landesregierung mal locker das Geld für mindestens 2 Personalstellen geklaut, um die Wortwahl des Landesministers Wüst im Wahlkampf aufzugreifen. Wir bezweifeln ja nicht, dass Krankenhausinvestitionen auch den Rheder Bürgern zugutekommen.  Aber es handelt sich nun mal um eine originäre Landesaufgabe und was nützt es uns, wenn uns die neue Landesregierung etwas mehr Geld in die rechte Tasche steckt, um es uns ganz schnell aus der linken Tasche wieder raus zu ziehen.
Insofern irritiert uns dann auch, wenn Sie, Herr Bernsmann, nach der Bundestagswahl im Internet die SPD in Berlin kritisieren, weil sie zunächst aus gutem Grund keine Regierungsverantwortung übernehmen wollte, aber in Ihrer Haushaltsrede nicht einmal den Mut haben, eine CDU-Landesregierung zu kritisieren, die den Kommunen mehr Geld abknüpft, obwohl die CDU im Wahlkampf das Gegenteil versprochen hat. Ein Schelm, der Böses dabei denkt!

Es gäbe sicher noch einiges mehr zum Haushalt anzumerken, aber das würde dann den Rahmen sprengen. Deshalb will ich zum Abschluss kommen.
Abschließen möchte ich allerdings nicht, ohne den Dank an den Verwaltungsvorstand und allen beteiligten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Verwaltung für die umfangreichen Arbeiten zur Haushaltsplanung und Aufstellung.
Einen besonderen Dank möchten wir in diesem Jahr an die Mitarbeiter des Bauhofes richten. Neben ihren üblichen Aufgaben haben sie leider immer öfter erhebliche Mehrarbeiten aufgrund der zunehmenden Naturgewalten wie Überschwemmungen und Stürmen zu bewältigen. Wenn auch die Ungeduld der Bürger und auch des Rates über die zeitliche Behebung von Schäden manchmal groß ist, wissen wir doch, das vieles nicht so einfach und schnell zu beheben ist, wie man sich das wünschen möchte. Deshalb auch ihnen herzlichen Dank für die geleistete Arbeit in den vergangenen Monaten.

Ja, und jetzt ganz zum Schluss das Wichtigste:
Die SPD-Fraktion stimmt dem Entwurf des Haushalts 2018 in der vorliegenden Fassung zu.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.