Ratssitzung am 15.12.2021
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Bernsmann,
sehr geehrte Damen und Herren der Stadtverwaltung,
sehr geehrte Ratskolleginnen und -kollegen,
sehr geehrte Frau Korff
sehr geehrte Gäste,
vermutlich hatten wir vor einigen Wochen noch alle gehofft, diese Haushalts-beratungen dafür nutzen zu können, die finanzielle Situation und die Aus-wirkungen auf die künftigen städtischen Aufgaben und Investitionsvorhaben nach einer auch finanziell heraus fordernden Pandemie neu bewerten zu können. Aber die uns rasant und heftig überrollende vierte Welle und das weiterhin offene Ende dieser Pandemie mit zusätzlichen Auswirkungen auf die Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Hand werden das kommende und vermutlich auch die weiteren Haushaltsjahre mit großen Unsicherheiten prägen. Bevor ich jetzt hier in einer Haushaltsrede über die finanzielle Situation unserer Stadt spreche, liegt
es mir am Herzen zunächst daran zu erinnern, dass ungeachtet aller materiellen Sorgen, die uns zu beschäftigen haben, wir allein in Deutschland inzwischen über 103.000 Corona-Tote zu beklagen haben. Wir müssen uns vor Augen führen, dass es zahlreiche Menschen gibt, die Corvid-19 überstanden, aber noch lange mit den körperlichen und psychischen Folgen zu kämpfen haben. Wir schauen auf den brutal harten Einsatz von Ärzten und Pflegekräften, insbesondere auf den Intensivstationen. Es schmerzt auch zu sehen, wie Kinder und Jugendliche unter dieser Pandemie
leiden durch Einschränkungen ihrer sozialen Kontakte, durch Einsamkeit, Überlastungen ihrer Eltern usw. Die Pandemie verlangt der gesamten Gesellschaft viel ab – sehr viel.
Deshalb halten wir es für sehr wichtig, dass auch und gerade Politik und Verwaltung in den Kommunen, dort im unmittelbaren Lebensraum der Menschen nach besten Kräften für ein Gemeinwesen sorgen, das Sicherheit und Geborgenheit vermittelt, Solidarität und Gemeinschaft
fördert und damit ein Umfeld schafft, das Bürgerinnen und Bürgern hilft, so gut wie möglich durch die Pandemie zu kommen bzw. die Folgen abfedert. Und wenn das nicht nur schöne Worte sein sollen, stellt sich hier die Frage: War es deshalb genau richtig, dass die CDU vor drei Monaten die Anschaffung von Luftfilteranlagen für die Rheder Schulen forderte und auch gegen die Auffassung der Verwaltung politisch mehrheitlich durch setzte? Haben wir anderen seinerzeit die Situation falsch eingeschätzt?
Wie sagte der ehemalige Bundesgesundheitsminister Jens Spahn zu Beginn der Pandemie? „Am Ende müssen wir uns wohl alle viel verzeihen“. Möglicherweise gehört am Ende unsere ablehnende Haltung dazu. Dennoch möchte ich kritisch anmerken, dass bei der Abwägung über die Anschaffung der Luftfilteranlagen eine von externen Fachleuten gestützte Bewertung der Verwaltung über die Sinnhaftigkeit der Geräte auf der einen Seite, eine eher machtbewusst erscheinende als sachlich gut begründete Argumentation der CDU-Fraktion gegenüberstand. Die CDU muss sich deshalb schon die Frage gefallen lassen, warum sie bei der ihr angeblich so wichtigen und mit erheblichen Auswirkungen verbundenen Entscheidung vorher nicht den Schulterschluss mit der Verwaltung und den anderen Fraktionen gesucht, sondern billigend in Kauf genommen hat, dass die Entscheidung für ihren Antrag letztlich am seidenen Faden einer FDP-Stimme hing. Wer ernsthaft etwas für die Bürgerinnen und Bürger erreichen will, geht klüger vor als die CDU es hier praktiziert hat. Dass die CDU aus unserer Sicht nicht unbedingt an einer konstruktiven Zusammenarbeit im Rat interessiert ist, zeigte sich – und das ist nur ein weiteres Beispiel – auch an anderer Stelle, wo es um einen offenen Haushaltsantrag der SPD zu einer Veränderung der OGS-Beiträge zugunsten von Familien mit geringen Einkünften ging. Während man sich im Fachausschuss einvernehmlich auf eine gemeinsame Kompromisssuche verständigte, die CDU später auch einem Terminvorschlag des Bürgermeisters für eine gemeinsame Lösungsfindung zustimmte, sagte der Fraktionsvorsitzende dann den Termin kurzfristig mit dem lapidaren Hinweis ab, dass es aus CDU-Sicht keinen Gesprächsbedarf gebe.
Lieber Andre Laigre, es mag Parteianhängern gefallen, eure Ratsmehrheit taktisch auszuspielen, eine konstruktive Zusammenarbeit im Rat zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger, zum Wohl der Stadt Rhede ist auch das unseres Erachtens nicht. Letztlich gehört zur Kritik an die CDU-Fraktion auch das mangelhafte Krisenmanagement im Rahmen einer Personalie. Aber zurück zum vorliegenden Entwurf des Haushaltsplans 2022. Ich hatte eingangs die großen Unsicherheiten bei den Planansätzen wegen der Pandemie und der die Unsicherheiten nochmals verstärkenden vierten Welle angesprochen. Diese werden uns wohl im kommenden Haushaltsjahr, und ich denke auch darüber hinaus, noch länger begleiten. Wir sehen aktuell keine andere Möglichkeit als den vom Bürgermeister und Kämmerer eingebrachten Haushaltsentwurf trotzdem als Orientierungsrahmen bei der Aufgabenbewältigung zu nutzen. Allerdings erscheint es uns zwingend, künftig auch alle plankonformen Entscheidungen noch kritischer unter den sich voraussichtlich noch stark verändernden finanziellen Rahmenbedingungen zu betrachten. Schon jetzt wissen wir, dass die Haushaltslage in den kommenden Jahren deutlich angespannter sein wird, als es sich derzeit aufgrund der Systematik des kommunalen Finanzmanagement darstellt. Die Gründe sind bekannt. Da geht es um die haushaltsrechtlich isolierten coronabedingten Mindererträge und Mehraufwendungen. Diese bisher nur gesondert dargestellten Pandemie-Schäden werden der Stadt Rhede in den nächsten Jahren bzw. Jahrzehnten mit weit über 1 Millionen Euro auf die Füße fallen. Da geht es weiterhin um begonnene oder geplante Investitions-maßnahmen, die aus verschiedenen Gründen ins nächste Haushaltsjahr verschoben werden mussten und schließlich geht es auch um notwendige und gewaltige Infrastrukturmaßnahmen, die wir absehbar anpacken müssen. Ich nenne hier nur exemplarisch eine neue Grundschule. Gleichzeitig bleibt die Einnahmesituation der Kommunen in den nächsten Jahren insbesondere mit Blick auf die Gemeindeanteile an der Einkommens- und Umsatzsteuer als bedeutende Einnahmequellen der Kommunen sehr schwierig. Während Rhede in den letzten beiden Jahren noch jeweils rund 400.000 Euro an Schlüsselzuweisungen des Landes erhalten hat, konnte der Kämmerer hier für das Jahr 2022 und auch für die mittelfristige Finanzplanung keinen einzigen Euro ansetzen. Natürlich wissen wir, dass das der aktuellen örtlichen Steuerkraft geschuldet und folglich nicht zu beanstanden ist. Ich hoffe aber, dass das inzwischen auch die Kolleginnen und Kollegen der CDU verinnerlicht haben, die ja vor einigen Jahren in einer gleichen Situation die seinerzeitige rot-grüne Landesregierung beschimpft undim Wahlkampf Betrug vorgeworfen hat. Soweit ich mich erinnere, war da seinerzeit auch der heutige NRW- Ministerpräsident nicht unerheblich dran beteiligt. Trotz der Isolierung der coronabedingten Aufwendungen kann der vorliegende Haushaltsplan nur dank der Ausgleichsrücklage fiktiv ausgeglichen werden. Das heißt, die planmäßigen Einnahmen decken nicht die voraussichtlichen Aufwendungen das laufenden Verwaltungsgeschäft. Die mittelfristige Finanzplanung scheint da optimistischer zu stimmen, aber dass dieser Schein aufgrund der enormen Risikofaktoren und der Ausgliederung der Corona-Schäden trügerisch ist, habe ich erwähnt. Der Kämmerer hat wiederholt mit Nachdruck auf das Erfordernis hingewiesen, die notwendigen Investitionen möglichst nur aus Überschüssen des laufenden Verwaltungshaushalts zu tätigen, um langfristige Kassenkredite und damit die finanzielle Überlastung der nachfolgenden Generation zu vermeiden. Angesichts der bereits erwähnten und sicher notwendigen Investitionsvorhaben halten wir das kaum für realistisch, zumal wir der nachfolgenden Generation auch keine marode Infrastruktur hinterlassen sollten. Trotzdem dürfen wir die vom Kämmerer zu Recht immer wieder angemahnte Haushaltsdisziplin nicht aus den Augen verlieren. Dies sage ich vor allem auch im Hinblick auf den vom Kämmerer für 2025 angegebenen Gesamtschuldenstand, also einschließlich Stadtwerke, KFR und Abwasser-betriebe von über 100 Mio. Euro. Ich finde, dass allein schon diese finanzielle Situation ein zwingender Grund ist, die neue Overberg-Schule auf ein vorhandenes und auch aus vielen anderen Gründen bestens geeignetem städtischen Grundstück zu
bauen.
Trotz dieser sorgenvollen Betrachtungen möchte ich doch zwei Aspekte herausgreifen, die die Haushaltslage positiv beeinflussen. Erstens haben wir seit einigen Jahren ein ungebrochen hohes Gewerbesteueraufkommen, das wir der heimischen Wirtschaft verdanken. Dieses Steueraufkommen und die Sicherung von Arbeitsplätzen sind für die Stadt ein wertvolles Gut. Zweitens haben wir einen immer noch vergleichsweise hohen Grundsteuerhebesatz, der uns aber eine verlässliche Größe auf der Ertragsseite garantiert. Ich weiß, die Politik einschließlich der SPD, hat
sich wegen der dauerhaft strukturellen Unterfinanzierung der Kommunen vorgenommenen Steuererhöhung seinerzeit vor allem mit Blick auf die Hebesätze der Nachbarkommunen schwergetan. Dennoch war es gerade aus heutiger Sicht ein richtiger Schritt, von dem unser Haushalt profitiert. Es war aber nicht nur ein richtiger Schritt, sondern auch ein mutiger Schritt, den wir dem Kämmerer, Hermann-Josef Schmeing und dem damaligen Bürgermeister Lothar Mittag verdanken. Manche Kommune wäre heute angesichts herber Einnahmeverluste froh, wenn sie diesen sicher nicht populären Schritt ebenfalls bereits gegangen wäre. Auch wenn der Hinweis auf riesige Herausforderungen, vor denen wir stehen abgedroschen klingt, lässt sich die angespannte Situation kaum anders beschreiben. Neben einem verantwortungsvollen Umgang der mit hohen Risiken und Unsicherheiten behafteten Haushaltslage, der Bewältigung der Pandemie und der Erhaltung der Infrastruktur hat uns besonders die zunehmende Erderwärmung mit ihren fatalen Folgen für das Klima und für die Menschen zu beschäftigen. Ein bundesweites, EU weites, ja globales Thema, das dennoch elementar und unmittelbar auch die Politik der Kommunen beeinflussen wird